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Ein kapitaler Motorschaden in Nahaufnahme.

Dieser extrem seltene, kapitale Motorschaden („kapital“ im Sinne von „endgültig“ und „final“) ist so etwas wie eine Bilderbuchversion von Motorschaden, sehr spektakulär anzuschauen. Alles fängt damit an, dass der Kunde mit seinem Auto stehengeblieben ist, nachdem er sehr ungewöhnliche Geräusche aus dem Motorraum hörte. Das Auto wurde dann abgeschleppt und zu uns gebracht. Das ist schon mal eine deutliche Ansage. Das routinemäßig angeschlossene Diagnosegerät lieferte eine ganze Latte von aufgezeichneten Fehlern aus dem Motorraum. Schon mal nicht gute Vorzeichen.

Die übliche Arbeit ist, zuerst einmal die Zündkerzen herauszuschrauben und deren Brennbild anzuschauen. Und da wird es dann ganz dunkel. Denn wie Sie hier schön sehen können, ist die Zündkerze Nummer 2 (von rechts) genau genommen keine funktionierende Zündkerze mehr. Die Elektroden sind derartig deformiert und abgenutzt, dass hier keine Fehlzündungen mehr die Ursache sein können, sondern richtig viel losgelassene Energie:

Eine defekte Zündkerze von vier funktionierenden.

Da hilft dann nichts mehr vor einem Zylinderkopfausbau, denn wir müssen sehen, was da im Zylinder Nummer 2 passiert ist. Und meine Vermutung, dass es spektakulär wird, ist nicht untertrieben. Denn ein Ventilteller der vier Ventile dieses Zylinders sitzt nicht mehr da, wo er eigentlich hingehört, sondern hat sich tief in den Rand des Gaskanals gebohrt. Ein in der Tat schauriges Foto für Mechatroniker, das keinen Autokenner kalt lässt:

Verkanteter Ventilteller im Gaskanal

Meine Vermutung ist, dass aus irgendeinem Grund die Ventilstange tief am Teller gebrochen ist und dann in die Brennkammer fiel. Im Zylinder funktionierte dann zwar keine vernünftige Verbrennung mehr, allerdings bewegt sich der Kolbenboden ja noch, weil die restlichen Zylinder nun für die Kolbenbewegungen sorgen. Der Kolben wird dann den Ventilteller ordentlich umhergeschleudert haben, dabei wurde dann vermutlich die Zündkerze abrasiert bis schließlich der Ventilteller im Gaskanal steckenblieb und der Kolbenboden noch ein paarmal ordentlich darauf hämmerte. Für diese Vermutung spricht der Blick auf den Kolben, denn der hat ordentliche Schrammen und ist auch noch dreifach gebrochen:

Mehrfach gebrochener Kolbenboden

Spätestens der Kolbenbruch wird dann dafür gesorgt haben, dass es zum berüchtigten Kolbenfresser gekommen ist – der Kolben wird schlicht und einfach steckengeblieben sein und dieser plötzliche Widerstand sorgt dann dafür, dass der Motor zum Stillstand kommt.

Solche Motorenunglücke sieht man heutzutage glücklicherweise nur noch sehr selten und man darf solche Einzelfälle keinesfalls als Maßstab für die allgemeine Qualität von Motorenfamilien nehmen. Heute Motoren werden umfangreich geplant, deren Leistungen am Computer simuliert, in vielfältigen Prüfständen und realen Umfeldern getestet. So zuverlässig, wie heutige Motoren sind, waren sie noch nie.

Dennoch gibt es immer noch Unbekannte in dieser Rechnung: Materialfehler, Ermüdung, defekte Motorensteuerung, ausgefallene Leistungsbegrenzung, nicht originale Ersatzteile, falsche Betriebsstoffe, unsachgemäße Wartung. Hier den Grund des Schadens zu finden, ist echte Detektivarbeit, weil hier eine ganze Kette von Unglücken innerhalb kürzester Zeit passiert sind.

Eine Nockenwelle oder eine Kurbelwelle?

Wer sich jetzt nicht so sehr mit Motoren auskennt, wird hier bei dieser Frage vielleicht ins Schleudern kommen. Das ist aber auch gar nicht so schlimm, immerhin sind wir ja auch „nur“ Autoexperten und warten auch keine Düsenflugzeuge. Na, was ist das für eine Welle?

Nockenwelle oder Kurbelwelle?

Frisch ausgebaut und natürlich etwas ölig präsentiert sich hier natürlich eine Nockenwelle eines Viertaktmotors. Das ist die Wellenstange, die über dem Motorblock sitzt und die Ventilsteuerung übernimmt. An die Nocken (das sind die Ausbuchtungen an der Welle) sind die oberen Enden der Ventile mit einer starken Feder angepresst und so bald die dickere Ausbuchtung das Ventil nach unten drückt, öffnet es sich und lässt Kraftstoff in den Zylinder hinein bzw. hinaus. Eine animierte Grafik aus dem Wikipedia-Artikel zur Nockenwelle visualisiert die Mechanik sehr schön:

Nockenwelle Animation

Die gelb eingefärbten Stifte in dieser Grafik sind die Ventile und da diese von unten die Ventilöffnung verschließen, öffnet sich das Ventil, wenn es nach unten gedrückt wird. Das Öffnen passiert versetzt, denn bei einem Viertaktmotor wird ja zuerst der Kraftstoff in den Motorraum eingelassen, verdichtet, gezündet und dann die Abgase wieder herausgelassen.

Und auch wenn die Nockenwelle ein anderes Teil ist, als die Kurbelwelle (die erklären wir auch noch) – beide haben etwas gemeinsam: Sie müssen beide zeitlich exakt aufeinander abgestimmt laufen. Die Kurbelwelle bewegt im Zylinder den Kolben, mit dem sie durch den Pleuel fest verbunden ist. Und in diese Bewegung muss das Einspritzen des Kraftstoffes, die Zündung des Gemisches und die Abführung der Abgase absolut synchron zur Bewegung des Kolbens laufen. Wird zu früh oder zu spät gezündet, führt dies unweigerlich zu Schäden im Motor und zwar meist zu so fatalen, dass danach der Motor hin ist.

Die Synchronisierung von Nockenwelle und Kurbelwelle übernimmt ein Teil, das Sie vielleicht bei regelmäßig in Auftrag gegebenen Inspektionen vom Namen her kennen: Der Zahnriemen oder die Steuerkette. Dieses Teil ist nämlich ein Verschleißteil und muss regelmäßig nach einer bestimmten Laufleistung des Motors sicherheitshalber gewechselt werden. Und da kann man auch nicht sagen, dass man da vielleicht noch wartet, bis das kaputtgeht, denn wenn dieser Riemen bzw. diese Kette reißt, dann knallt es ganz gewaltig im Viertaktmotor.

Was ist eigentlich ein BiTurbo?

Die Modellreihe von Opel wird aktuell vom Opel Insignia mit all seinen Varianten angeführt. Haben Sie sich schon einmal näher angeschaut? Nein? Sollten Sie aber! Denn der Opel Insignia gehört vielleicht zur vielseitigsten Mittelklasse, die Opel je im Angebot hatte und bietet eine ganze Reihe von Ausstattungsmöglichkeiten, von einer großen Auswahl an Karosserievarianten über das Interieur bis hin zur Motorisierung. Das Einsteigermodell mit einem 1,4-Liter-ecoflex-Motor oder gleich die 2,8-Liter-V6-Variante? Alles dabei. Aber das soll hier mal (noch) nicht das Thema sein, sondern die Dieselmotorsparte des Opel Insignia.

Denn da gibt es seit Ende letzten Jahres bei den Dieselmotoren, die allesamt 2,0-Liter-Hubraum-Maschinen sind, eine Neuerung: Nämlich den 2.0 BiTurbo CDTI. Das spannende dabei ist, dass dieser BiTurbo trotz des gleichen Hubraumes eine deutlich bessere Leistung aufweist, als seine normalen Turbo-Varianten. Was hat es also mit dem BiTurbo auf sich? Um die Funktionsweise eines BiTurbos zu erklären, sollten wir aber erst einmal Grundsätzliches erklären:

Wie funktioniert ein Turbo eigentlich?

Bei einem Kolbenmotor sorgt normalerweise die Kolbenbewegung dafür, Luft für die nächste Zündung in die Brennkammer anzusaugen, die dann zusammen mit dem eingespritzten Kraftstoff verbrannt wird. Dieses Ansaugen passiert genau dann, wenn sich der Kolben eines Zylinders nach unten bewegt und den darüber liegenden Raum vergrößert. Bei Hochleistungsmotoren reicht jedoch diese Kolbenbewegung nicht aus, um genügend Luft anzusaugen, was dann dazu führt, dass ein Motor eine sehr unterdurchschnittliche Leistung aufweist. Und das ist wahrlich kein „Luxusproblem“, denn (unter anderem) die Turboaufladung hat dafür gesorgt, dass die Leistung von Dieselmotoren weitgehend Schritt halten konnte mit der Leistung von Ottomotoren.

Ein Turboaggregat sorgt also dafür, zusätzlich Luft heranzuschaffen. Und hier müssen wir schon aufpassen, was wir genau erklären, denn ein Turbo hat nichts mit Motorkühlung zu tun! Das sage ich deshalb so deutlich, weil ein Bestandteil eines Turboaggregates der Ladeluftkühler ist und das wird fälschlicherweise gern für ein Gerät gehalten, das den Motor kühlt. Nee.

Die notwendige Luft, die ein Turbo dem Motor bereitstellt, wird für gewöhnlich aus der Atmosphäre entnommen, also auch angesaugt. Hierzu sorgt die Turbosteuerung mit einer Ventilsteuerung dazu, die entsprechend notwendige Menge an Abgasen, die normalerweise sonst direkt an den Auspuff gehen würde, vorher an eine Turbine zu leiten, die die Luft auf einem getrennten Weg ansaugt und komprimiert. Dieser Luftstrom wird durch die Komprimierung sehr heiß. So heiß, dass nach dieser Verdichtung der Luftstrom gekühlt werden muss – eben durch den Ladeluftkühler. Diese verdichtete und nun gekühlte Luft wird dann direkt über ein komplexes Ventilsystem dem Motor zur Verfügung gestellt oder auch über das so genannte Blow-Off-Ventil abgelassen, wenn sie dann doch nicht unmittelbar gebraucht wird.

Und wie funktioniert nun ein BiTurbo?

Kommen wir nun zum spannenden Detail: Ein Turbo sorgt dafür, dass mehr Kraftstoff in der Brennkammer verbrannt werden kann – das funktioniert jedoch erst dann optimal, wenn der Motor eine bestimmte Drehzahl hat. Ist der Motor untertourig unterwegs, also mit einer niedrigen Drehzahl, ist die Turboaufladung abgeschaltet und der Motor arbeitet nach dem Saugprinzip. Der Knackpunkt kommt nun, wenn dem Motor unmittelbar Leistung abverlangt wird, beispielsweise durch ein spontanes Gasgeben des Autofahrers. Die Motorsteuerung schaltet den Turbo ein – der muss aber erst einmal den Ladedruck erzeugen. Dieses Phänomen des „Wartens auf Leistung“ nennt man das „Turboloch“. Da ist nichts kaputt, sondern da ist die Leistung des Turbos eben noch nicht da. Und da kommt dann auch noch eine Sache dazu: Je größer der Turbo ist, desto länger dauert es, bis der Ladedruck bereit ist. Bei einem LKW oder einem Schiffsdiesel ist das kein Problem, bei einem Auto, das spontan für einen Überholvorgang genutzt werden soll, dann aber schon.

So geht man bei Hochleistungsmotoren, die agil reagieren und das Turboloch überbrücken sollen, den Weg, zwei Turboaggregate einzusetzen. Im Falle des 2.0 BiTurbo CDTI wird dies mit einem zweiten, kleineren Turboaggregat bewerkstelligt, das im Bedarfsfall einspringt und weitgehend das Turboloch-Phänomen ausmerzt: Bei niedrigen Drehzahlen übernimmt das kleinere Turbo-Aggregat die Aufladung des Motors, bei mittleren Drehzahlen arbeiten beide Turbos und bei Maximalanforderungen übernimmt ausschließlich der große Turbo.

Der Vergleich der Motorwerte des 2.0 BisTurbo CDTI mit dem 2.0 CDTI ecoflex (hier in Klammern) spricht für sich:

  • 143 kW bzw. 195 PS (118 kW bzw. 160 PS)
  • 400 Newtonmeter Drehmoment bei 2.000 Umdrehungen/min (350 Nm bei 1.750 bis 2.500 Umdrehungen/min)
  • Von null auf hundert km/h in 8,7 Sekunden (9,5 Sekunden)
  • Höchstgeschwindigkeit bei 230 km/h (218 km/h)

Den Drehmomentverlauf sieht man sehr anschaulich auch auf diesem Diagramm hier:

Einen kleinen Nachteil dürfen wir an dieser Stelle aber nicht außen vor lassen: Der Spritverbrauch, der, je nach Fahrweise, um etwa 10 bis 15 % höher ausfallen kann, als beim normalen Turbo-Modell. Das ist jedoch angesichts der sichtbaren Leistungssteigerung immer noch kalkulierbar, denn wir reden von folgenden Kraftstoffverbrauchswerten in Litern pro 100 Kilometern (beim Opel Insignia 2.0 BiTurbo CDTI 4-Türer mit Start/Stop und 6-Gang-Getriebe):

  • innerorts: 6,1 Liter
  • außerorts: 4,2 Liter
  • kombiniert: 4,9 Liter
  • CO2-Emission kombiniert: 129 g/km (gemäß VO (EG) Nr. 715/2007)

Damit ist der 2.0 BiTurbo CDTI in diesem Fahrzeugbeispiel glatt in der Effizienzklasse A und das ist für einen Dieselmotor in dieser Fahrzeugklasse und mit dieser Leistung sehr bemerkenswert.