Schlagwort-Archive: Garantie

Motordiagnose im Beispiel, Teil 2.

Was im ersten Teil passierte, lesen Sie hier: Motordiagnose im Beispiel.

Nächster Schritt: Freigabe zum Ausbau des Zylinderkopfes.

Tag 2. Opel hat schnell auf meine Diagnoseergebnisse reagiert und eine Freigabe für die nächsten Arbeitsschritte erteilt, nämlich den Ausbau des Zylinderkopfes. Da geht es letztendlich auch erst einmal um die Kostenübernahme für diesen Garantiefall, denn für diese Arbeiten brauchen wir jetzt zwingend die Werkstatt. Der Vorfall ist zwar immer noch „mein Vorfall“, aber zur endgültigen Beurteilung des ursächlichen Schadens müssen wir einen Teil des Motors zerlegen. Das erzeugt Kosten für Mitarbeiter und Werkstatt.

Aber auch hier ist uns das Glück hold, denn schon nach dem Ausbau des Zylinderkopfes wird das Elend rund um den Zylinder Nummer vier sichtbar. Schauen wir uns den Zylinderkopf von unten doch einmal näher an:

Deutlich stärker verrußte Brennkammer

Wir sehen Zylinderkopf 3 (links) und 4 (rechts) mit jeweils ihren vier Ventilen. Und wir sehen auch hier, dass das Zylinderdach von Zylinderdach Nummer 4 mit den Ventilinnenflächen deutlich stärkere Rückstände aufweist, als bei Nummer 3. Nun geht es ins Detail, nämlich den Rand des Zylinders. Dieser Rand muss nämlich absolut plan sein, damit er mit dem Gegenstück des Motorblocks passgenau ist. Dazwischen liegt zwar die Zylinderkopfdichtung, die kleine Ungleichmäßigkeiten ausgleichen soll, dennoch ist  bei diesen Rändern höchste Genauigkeit erforderlich. Und siehe da, wir haben den Fehler! (Klicken Sie ruhig einmal auf das Bild für eine Großansicht.)

Fehler im Rand des Zylinders (Zylinderkopf)

Der Zylinder hat einen deutlich sichtbaren Materialfehler am Rand, der genau am Übergang zur Zylinderkopfdichtung für eine Undichtigkeit sorgt und dort den Flüssigkeitseintritt ermöglicht. Solche feinen Materialfehler können leider auch beim Bau von modernen Motoren und deren Komponenten passieren und kommen selten, aber trotzdem vor.

Also, wieder alles schön in die Arbeitskarte, Fotos gemacht (nämlich die, die Sie hier im Artikel sehen), am PC den bestehenden Vorfall weiter dokumentiert und alles wieder ab zu Opel. Der Kunde braucht das Auto, wir brauchen die nun blockierte Werkstattbucht wieder und Opel gibt uns für alle solchen Vorfällen natürlich auch entsprechende Zeitvorgaben. Die Antwort kommt dann auch wieder schnell – ein neuer Zylinderkopf auf Garantie wird fällig und Opel übernimmt erwartungsgemäß in diesem Fall sowohl die Kosten für das Teil als auch für den Einbau und gibt die Freigabe dazu.

Tag 3: Einbau, prüfen und fertig!

Die Überschrift sagt eigentlich auch schon alles, denn nach der obigen Freigabe bestellen wir den Zylinderkopf auch sofort, gleichzeitig disponiere ich in der Werkstatt für den nächsten Tag eine Bucht und einen Mitarbeiter für die Aufgabe, die Arbeitskarte wandert nun also von der erfolgreichen Diagnose zuerst zur Ersatzteilabteilung und dann in die Werkstatt. Dort ist dann unser Werkstattmeister dafür verantwortlich, dass alles erforderliche erledigt wird.

Der Zylinderkopf wird dann am nächsten Tag mit unserer täglichen Ersatzteillieferung geliefert und auch gleich eingebaut. Nach einer Prüfung durch unseren Werkstattmeister (auch hier wieder ein Drucktest im Kühlmittelkreislauf) und einer kurzen Probefahrt wird dann die Arbeitskarte mit einer Vollzugsmeldung der Werkstatt quittiert. Die Arbeitskarte kommt dann wieder zu mir zurück in die Serviceannahme.

Normalerweise ginge dann die Arbeitskarte zur Abrechnung an die Kasse, aber in diesem speziellen Fall geht die Karte einen anderen Weg im Hause und wird intern mit Opel als Gewährleistung behandelt. Der Kunde sieht davon dann nichts mehr, sondern bekommt einfach wieder seinen Autoschlüssel, einen Bericht über die getanen Dinge und die besten Wünsche des Hauses für eine gute Fahrt!

Motordiagnose im Beispiel.

Wir haben in unserem Autohaus die Besonderheit, dass wir Serviceannahme und Fahrzeugdiagnose miteinander verbinden. Das ermöglicht es uns, dass wir bei der Annahme von unklaren Fällen sehr schnell eine Diagnose machen und eventuell notwendige Reparaturarbeiten planen können. Für unsere Kunden hat das den Vorteil, dass sie schnell einen Überblick bekommen, was kaputt ist und was eine Reparatur kostet.

Deshalb bin ich zertifizierter Diagnosetechniker der Adam Opel AG und arbeite gleichzeitig direkt an der Serviceannahme. Ich führe also den direkten Kundenkontakt, nehme die Fahrzeugdiagnose vor und halte auch die Verbindung in die Werkstatt. Dass dies große Vorteile für Werkstatt und für Kunden hat, zeige ich Ihnen hier einmal an einem aktuellen Beispiel.

Der Anfang: Der Kunde hat ein Problem.

Unser Kunde fährt vor und bringt sein Auto mit, einen kürzlich bei uns gekauften Opel Combo. Er habe mit dem Fahrzeug das Problem, dass es während der Fahrt ruckelt und der Motor offenbar Kühlmittel verliert, weil er regelmäßig Kühlmittel nachfüllen muss. Das sind schon mal die ersten wichtigen Symptome für mich, mit der ich die Arbeitskarte für den Vorfall vorbereite. (Ohne Arbeitskarte läuft nichts.) Der Diagnoseauftrag beginnt für mich.

Die Erstdiagnose: „Auto, was hast du denn für ein Problem?“

So in etwa würde ich es beschreiben, wenn ich das erste tue, was hier angesagt ist, nämlich den Fehlerspeicher des Diagnosesystems auslesen. Dazu wird das Diagnosegerät an das Auto angeschlossen und ausgelesen. Das Ergebnis bestätigt zumindest schon mal, dass es Motorenprobleme gibt, denn es gibt Zündprobleme. Das sollte bei einem Auto mit 13.000 Kilometer Laufleistung keinesfalls passieren. Hier muss ich also näher in den Motor schauen und die Diagnose verfeinern.

Normalerweise ist die Erstdiagnose auch genau der Startpunkt für solche weiteren Diagnosen. Einfach nur Fehlerspeicher auslesen bringt nämlich oft nicht sehr viel außer eben Hinweisen, dass an einer bestimmten Stelle im Auto etwas nicht stimmt. „Schnell mal Fehlerspeicher auslesen“ ist daher selten das Ende der Diagnose, das Suchen des „echten“ Fehlers ist immer der nächste Schritt. Bevor ich aber hier weiter loslege, muss ich das dokumentieren und mir vor allem erst einmal eine Genehmigung von Opel einholen, denn hier geht es möglicherweise auch um einen Garantiefall.

Die Fehlersuche: „Schau’n mer mal!“

Genehmigung und Kostenübernahme für die Fehlersuche kommt in so einem Garantiefall normalerweise recht schnell (wenn man das eben auch richtig anfordert), so dass die Fehlersuche der nächste Schritt ist. Im Normalfall passiert das alles am gleichen Tag, denn die Kommunikation mit Opel läuft komplett elektronisch über das Internet. Rüsselsheim gibt also grünes Licht für meine Fehlersuche und spätestens jetzt schaut bei diesem Vorfall nicht nur mein Chef in den Vorfall, sondern auch Opel.

Dazu ist jetzt dann tatsächlich der Motor dran, aus dem ich zuerst einmal die Zündkerzen ausbaue.

Vierzylinder mit ausgebauten Zündkerzen

Wie wir sehen ist das ein Vierzylinder-Benziner und schon beim Sichtprüfen der Zündkerzen fällt für das geübte Auge etwas auf. Na?

Eine Reihe von Zündkerzen

Der Kandidat hier ist die Zündkerze Nummer 4, also die ganz rechts im Bild. Da sind nämlich die Elektroden ganz oben deutlich dunkler, als die bei den restlichen drei Zündkerzen. Sprich: Die vierte Zündkerze hat ein anderes Brennbild. Es stimmt also etwas mit der Verbrennung im Zylinder Nummer 4 nicht.

Eine unsaubere Zündkerze und das Ruckeln führt auf ein mögliches Problem: Feuchtigkeit von außen tritt in den Zylinder ein. Dort wird die Feuchtigkeit zusammen mit dem Kraftstoff und der eingesaugten Luft verbrannt und weil die zusätzliche Feuchtigkeit eine deutlich schlechtere Verbrennung zur Folge hat, entsteht eine andere Ablagerung und es ruckelt auch, weil wegen der schlechteren Verbrennung der Kolben des vierten Zylinders über die Kolbenwelle einen Schlag auf die Kurbelwelle gibt. Auf Dauer ist das weder für die Kurbelwelle gut, noch für die anderen Kolben.

Jetzt muss ich also dem Verdacht mit dem Flüssigkeitseintritt nachgehen. Da der Kunde einen Kühlmittelverlust beklagt, liegt der Verdacht nahe, dass eventuell im Motor Kühlmittel in den Zylinder Nummer 4 eintritt. Der Test zum Ausräumen dieses Verdachtes funktioniert recht einfach: Ich öffne den Deckel zum Kühlmittelbehälter und gebe mit einem Werkzeug Luftdruck hinein. Normalerweise dürfte der Druck nicht sinken und wenn ich Glück habe, gibt es sogar einen Flüssigkeitsaustritt, der durch den Zugang der herausgeschraubten Zündkerze sichtbar wäre.

Druckprüfung des Kühlkreislaufs

Und tatsächlich: Am inneren Rand des Zündkerzengewindes bildet sich nach wenigen Sekunden ein Tropfen Flüssigkeit. Leider ist das nicht gut fotografierbar, deshalb müssen Sie sich das einmal vorstellen.

Damit ist aber für mich klar, dass in diesem Fall die Feuchtigkeit wohl vom Kühlmittelkreislauf kommt und wir unbedingt einen Blick in den Motor werfen müssen. Die Diagnoseergebnisse werden auf meiner Arbeitskarte und am PC dokumentiert, inklusive meiner Empfehlung, dass wir den Zylinderkopf öffnen und untersuchen müssen und gegebenenfalls auch einen neuen Zylinderkopf oder eine Zylinderkopfdichtung benötigen. Erst mit so einer Diagnose lässt uns Opel in so einem Fall überhaupt den Fall weiterbearbeiten, denn ohne ordentliche Diagnose läuft nichts.

Die nächsten Schritte.

Damit ist für uns klar: Ohne Zylinderkopfausbau geht es hier nicht weiter, das Auto darf auch so erst einmal nicht wieder auf die Straße. Der Kunde wird informiert und kann sich mit einem anderen Auto aushelfen. Und wir warten jetzt mal, was Opel auf meine Diagnose hin sagt. Alles weitere dann im nächsten Artikel.

WM-Wehen: Das Leiden der Hupen.

Heute stand der vierte Kunde auf dem Hof mit einem in Deutschland bisher eigentlich eher unbekannten Problem: Eine defekte Autohupe. Die sei ihm am Sonntag nach den WM-Feierlichkeiten elend verreckt (eine verreckende Hupe hört sich in etwa an wie ein sterbender Elch, sehr spektakulär) und die hätte er nun gern ausgetauscht. Da sein Wagen noch auf Garantie läuft, wohl ein Garantiefall, seiner Meinung nach.

Ganz so einfach ist es aber leider nicht, denn Autohupen sind nicht für den Dauerbetrieb ausgerichtet, zumindest die Hupen, die in unseren Breitengraden verbaut werden. Das bedeutet, dass man schon ordentlich lange die Hupe malträtieren muss, bis deren Schwingspule durchbrennt und ihren Geist aufgibt. Und da bei einer Neuentwicklung eines Fahrzeuges wirklich jedes Teil dauergeprüft wird (inklusive Autohupen), gibt es auch dafür Erfahrungswerte. WM-Feierlichkeiten gehören jedenfalls nicht zum hauptsächlichen Einsatzzweck von Autohupen. Jedenfalls noch nicht.

Sprich: Eine durchgebrannte Hupe ist kein Garantiefall, das bekommen wir bei Opel nicht durch. Auch die anderen Autohersteller kennen das Phänomen und reagieren ähnlich. Mit ca. 30 bis 40 Euro für eine neue Hupe ist das Maleur zwar nicht ganz so teuer, aber ein(e) mit einer Vuvuzela ausgerüstete(r) Beifahrer(in) ist allemal günstiger. 😉